„Kommen Sie mal in Wallung!“

Ich hatte heute Morgen ein Erlebnis, das mich immer noch beschäftigt und nehme dies zum Anlass, ein Statusupdate bzgl. unseres „Nachwuchses“ zu verfassen.

Seit etwa einem halben Jahr haben wir die stille Vereinbarung, dass ich morgens mit dem Hund raus gehe und der Herr des Hauses abends. Normalerweise treffe ich mich morgens mit einer netten Frau (hin und wieder auch ihrem Mann) und deren Hund, der in Lunas Alter und ihr bester Kumpel ist. Die zwei toben sonst morgens gute eineinhalb Stunden auf der Wiese, doch nun sind beide Herrchen Job-bedingt nicht da und ich ging allein mit Luna, diesmal in die andere Richtung, die Sieg entlang.

Nach der Hälfte des Weges traf ich auf zwei Grüppchen mit Hunden, die sich am Treffpunkt neu sortieren und so ging ich ein Stück abseits mit zwei Damen und deren Hunden mit. Luna und ein kleiner Hund fingen an zu spielen und zu toben, rannten quer über die Wiesen und hatten sichtlich Spaß. Ich war dann schon ein Stück weiter vorne, als die Damen kehrt machen – mit ihnen auch mein Hund. Die kriegte gar nicht mit, dass ich sie rief, weil sie komplett ins Spiel vertieft und nun auch gut 50 m entfernt war. Wenn sich die Lady auf irgendwas konzentriert, lässt sie sich auch durch wirklich nichts ablenken, weder Futter, noch Rufe, noch andere Hunde. Ich gehöre auch nicht zu denen, die anfangen, nonstop quer über die Wiese zu brüllen. Normalerweise schaut die Töle aber dann doch hin und wieder, wo ich bin und kehrt irgendwann um – verloren haben wir uns so jedenfalls noch nicht. Heute lief sie ein ganzes Stück mit den anderen mit und ich machte notgedrungen kehrt um den Hund einzusammeln.

Da wartete 100 Meter weiter eine Frau (mit Husky) auf dem Fahrrad auf mich und rief mir entgegen „Nun kommen Sie aber mal in Wallung, die Leute sind schon genervt!“ – hä?!
Ich ging normal weiter, Luna lief zu mir und ich leinte sie erstmal an, wer nicht hören will und so. Da lies die Alte eine Tirade auf mich los, die einem Hieb in die Magengrube gleich kam.

Auf ihr „genervt“ erkundigte ich mich erstmal „Genervt, weil ein Hund mit deren Hunden spielt? Ok…“, jaaa, sie würde das ja nicht stören, aber Luna liefe da ja nun mit, das fände sie ja schon ein wenig kritisch, denn „bis wohin läuft sie denn mit? Bis zur Brücke? Auf die Straße?!“
Ich dachte nur „die kommt schon irgendwann zurück“, schwieg aber und prompt kam ein vorwurfsvolles „Ihr Hund hat ja überhaupt keine Bindung zu Ihnen! Tun Sie mal was dafür!“.

Dieser Satz geistert mir nun seit knapp 12 Stunden durch den Kopf und ich frage mich, ob die Alte eigentlich noch alle Tassen im Oberschränkchen beisammen hat. Davon ausgehend, dass Luna (kaum sah sie mich in der Nähe) unaufgefordert zu mir lief, sieht mir nicht nach „keine Bindung“ aus. Und auch, dass sie sich zwischen meine Beine schiebt, wenn große unbekannte Hunde entgegen kommen, klingt für mich nicht nach „ich will nicht zu der Alten, sondern raus in die Freiheit“. Aber dennoch fangen ein paar Zweifel an zu nagen, da macht man nix gegen, da helfen auch die besten Argumente nichts.

Nun zum versprochenen Status-Update: der Hund hört inzwischen recht gut, auch ganz ohne Hundeschule. Sie kommt (meistens …), wenn man sie ruft, sie lässt bleiben, was sie vorhat, wenn man ihr ein „nein!“ zuruft, egal ob Buddeln auf der Wiese oder Katzenmist fressen. Sozial ist sie sehr verträglich, hat aber „Angst“ vor fremden, großen Hunden. Zumindest sind ihr diese nicht geheuer… Auf glatte Böden wird nicht gekackt, da geht sie immer brav weit raus in die letzte und bewachsenste Ecke des Feldes. Sie hört auf „warte“ und auch an Bordsteinkanten bleibt sie selbstständig stehen und wartet aufs Kommando, wann wir rüber gehen. Sitz, Platz, High 5, gib Fünf, etc. sind ja schon lang im Repertoire verankert.
Jedenfalls habe ich nicht das Gefühl, bei der Erziehung irgendwas eklatant falsch zu machen. Selbst wenn der Hund mal nicht sofort hört, ist das auch kein Weltuntergang, schließlich müsste es selbst dem letzten Idioten einleuchten, dass andere Hunde und ein Ball nun mal einfach spannender sind, als man selbst. Dann muss ich sie eben holen gehen.

Ich bring mich jetzt jedenfalls richtig in Wallung und geh Bindung aufbauen.
Und falls jemand auf dem Laufenden bleiben will: hier twittert Luna

7 Kommentare

Ich werde es niemals verstehen warum die Leute nicht einfach mal ihre Klappe halten können. Klar macht man sich Gedanken, egal wie absurd die Beschimpfungen sind.

Macht meiner auch, selbst im Alter. Der passt sich dem Rudel an und zieht halt mit.
Aber er weiß halt auch wer das Frauchen ist, irgendwann kommt er halt zurück 😉

Ist bisher 13 Jahre so gut gegangen. Also von daher… nicht alles ernst nehmen, es gibt auch Leute die meinen, ein Hund müsste IMMER und AUFS WORT hören. Das sind die, die zuhause ihre Kinder verdreschen wenn sie nicht spuren und die sich später wundern warum die „undankbaren“ Blagen nie anrufen.

Danke für deinen Kommentar, sehr angenehm auch mal Zuspruch aus fremden Reihen zu bekommen. Ich sehe das recht ähnlich, man kann dem Hund ruhig auch mal ein bisschen Freiraum gönnen, ohne, dass er dauernd parat zu stehen hat.
Kritisch wird’s nur, wenn sie in Gefahrensituationen nicht hört, daran arbeiten wir aber. 🙂

So ein süßer Hund! Du, auch wenn du sagst, aufbauende Worte helfen nicht, aber sieh es mal so: Es gibt immer diese Besserwisser.
Das sind dann
A) Entweder Personen, die sonst nichts zu melden haben und sich dann mal freuen, wenn sie den Boss raushängen lassen können (ist tatsächlich in vielen Fällen so!)
B) Das Beispiel a là „Mein „Kind“ ist ja vieeeel toller“. Das ist wie bei manchen Eltern, die einfach denken, das eigene Kind ist das Beste und jedes andere Kind solle sich ein Beispiel am eigenen Kind nehmen (und die Eltern ein Beispiel an der eigenen Erziehung). Lässt sich auch in Punkto Hund übertragen (Habe festgestellt, dass es da keinen Unterschied gibt, seit ich in einer Firma arbeite, in der 5 Hunde sind).
C) Sie sind einfach unzufrieden mit ihrem Leben und lassen es an anderen raus.
D) Letzte Option: Sie sind einfach Arschlöcher 🙂

Also: Mach dich nicht verrückt! Wenn es dich stört, übe mit dem Hund das „Hören“.
Wenn es sich im Rahmen hält und du nicht wirklich was zu kritisieren hast, dann pfeiff einfach drauf. Das Leben (und alles was dazu gehört) ist nicht immer nur ein Wettbewerb!

Alles Liebe, Daisy 🙂 <3

http://www.daisys-diary.de

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